Industrie 5.0 meint die direkte Kollaboration zwischen Menschen und intelligenten Maschinen bzw. Robotern. Im Gegensatz zur Industrie 4.0 rückt der Mensch wieder in den Mittelpunkt. So sollen intelligente Maschinen oder Roboter den Menschen helfen, schneller und effizienter zu arbeiten, statt sie zu verdrängen. Anstatt wie bisher in der Industrie 4.0 bereits etablierte bzw. aufkommende Technologien in den Hauptfokus zu stellen und den Menschen zu vernachlässigen, stellt der Ansatz der Industrie 5.0 die menschlichen Bedürfnisse und Interessen in den Mittelpunkt des Produktions- und Fertigungsprozesses. Künftig wird nicht mehr von den Beschäftigten verlangt, ihre Fähigkeiten an die Ansprüche der sich schnell entwickelnden Technologien anzupassen, sondern die Technologien werden genutzt, um den Produktions- und Fertigungsprozess an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen. Statt uns zu fragen, was wir mit neuen Technologien anstellen können, fragen wir uns, was diese Technologien für uns Menschen leisten können.
Laut dem Paper „Industry 5.0 – Towards a substainable, human-centric and resilient European industry” der EU-Kommission besteht die Industrie 5.0 aus drei Kernelementen: Menschenzentriertheit, Nachhaltigkeit und Resilienz. Die EU-Kommission definiert den Begriff Industrie 5.0 folgendermaßen:
„Industrie 5.0 erkennt die Fähigkeit der Industrie an, über die Schaffung von Arbeitsplätzen und Wachstum hinaus gesellschaftliche Ziele zu erreichen und ein belastbarer Garant für Wohlstand zu werden, indem die Produktion die Grenzen unseres Planeten respektiert und das Wohlergehen der Industriearbeiter in den Mittelpunkt des Produktionsprozesses gestellt wird.“
Aus dem Paper Industry 5.0 der EU-Kommission Tweet
Die Industrie 5.0 vereint also das Beste aus beiden Welten: die zahlreichen Vorteile der Robotik und intelligenten Maschinen sowie die einzigartigen kognitiven und kreativen Fähigkeiten des Menschen.
DIE 3 WICHTIGSTEN FAKTEN ZUR INDUSTRIE 5.0
NR. 1: DIE ROLLE DER MITARBEITENDEN VERÄNDERT SICH
Bei der Industrie 5.0 werden Arbeitnehmer*innen nicht mehr nur als „Kostenfaktor“ betrachtet, sondern als eine Investition in das Unternehmen. Unternehmen sind daran interessiert, in die Fähigkeiten, Fertigkeiten und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu investieren, um die ökonomischen Ziele des Unternehmens zu erreichen. Das Humankapital wird dadurch gestärkt, aufgewertet und zunehmend auch mehr wertgeschätzt. Wie bereits erwähnt ist einer der wichtigsten Voraussetzungen der Industrie 5.0, dass die Technologien stets dem Menschen dient und nicht umgekehrt. Roboter sind zwar deutlich konsistenter als Menschen und können etwaige Präzisionsarbeiten schneller und besser erledigen. Dennoch fehlt ihnen die Fähigkeit der Flexibilität, Kreativität, Anpassungsfähigkeit und das kritische Denken. Erst in Zusammenarbeit mit Menschen können Roboter und intelligente Maschinen ihr volles Potenzial entfalten sowie unser Arbeits- und Alltagsleben unterstützen und besser machen.
NR. 2: KOLLABORATIVE ROBOTER („COBOTS“) SIND EIN WICHTIGER BESTANDTEIL DER INDUSTRIE 5.0
Einer der wohl wichtigsten Aspekte der Industrie 5.0 ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Früher wurden Roboterarme in Sicherheitskäfige gebaut, um Menschen vor Verletzungen zu bewahren. In der neuen Produktionswelt gibt es jedoch ein viel engeres Miteinander. Durch die Entwicklung von sogenannten Cobots wird dies ermöglicht. Hierbei handelt es sich um eine neue Generation von Robotern, die mit zahlreichen Ortungs- und Erkennungssensoren ausgestattet sind. Die Roboter sind so konzipiert, dass sie mit ihren menschlichen Kollegen zusammenarbeiten und diese in ihrem Arbeitsumfeld unterstützen. Hauptsächlich werden Cobots zur physischen Unterstützung von standardisierten Aufgaben, oder riskanten Tätigkeiten angewendet. Neben Cobots können ebenfalls sogenannte Shopfloor Tracker angewendet werden. Sie verfolgen den gesamten Produktionsprozess in Echtzeit. Dies führt zu einer deutlichen Verringerung von Materialabfällen. Ebenso kann etwaiges Missmanagement vermieden werden.
NR. 3: ZUKÜNFTIGER WOHLSTAND UND FORTSCHRITT: JA KLAR, ABER RICHTIG!
Das Konzept der Industrie 5.0 fordert die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Industrie unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen der Arbeitnehmer*innen und der ökologischen Nachhaltigkeit. Damit die ökologischen Grenzen unserer Erde auch respektiert werden, müssen Unternehmen zunehmend nachhaltig werden. Sie müssen Kreislaufprozesse entwickeln, die Ressourcen wiederverwenden, umfunktionieren und recyceln sowie Abfälle und Umweltauswirkungen deutlich reduzieren. Nachhaltigkeit bedeutet, den Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um die Erschöpfung und den Abbau natürlicher Ressourcen zu vermeiden und die Bedürfnisse der heutigen Generationen zu sichern, ohne die Bedürfnisse künftiger Generationen zu gefährden. Technologien wie künstliche Intelligenz und die additive Fertigung können hier eine wichtige Rolle spielen, indem sie die Ressourceneffizienz optimieren und Materialabfälle minimieren.
Neben dem Nachhaltigkeitsaspekt spielt die Resilienz von Unternehmen eine wesentliche Rolle. Resilienz bezieht sich dabei auf die Fähigkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Globalisierte Wertschöpfungsketten und volatile Märkte sind anfällig, beispielsweise für (geo-) politische Verschiebungen wie (Handels-) Kriege und Protektionismus sowie Naturkatastrophen (Pandemien, Auswirkungen des Klimawandels etc.). Die Industrie der Zukunft muss also in der Lage sein, sich kurzfristig an veränderte Bedingungen anzupassen. Innovative Techniken wie modulare Produktionslinien, ferngesteuerte Fabriken, die Verwendung neuer Werkstoffe sowie Risikoüberwachung und -management in Echtzeit können der Industrie helfen, die erforderliche Resilienz zu erlangen.